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Michael Knauth
Bilder und Projekte
ISBN 3-938543-04-3
mit Texten von Christian-H. von Gehe, Michael Goller, Hanns Graaf, Uwe
Rechtenbach, Jana Ritter, Bernd Weise und Carl-Heinz Westenburger
1. Auflage 100 Exemplare 2005 Passage Verlag Leipzig
40 S., farbig, 10,- EUR
Katalogtexte (Auswahl):
VON AUSSEN
Zu Arbeiten des Ehrenfriedersdorfer Künstlers Michael Knauth
Konzeptualismus, Fotorealismus- oder eben doch "nur" illustrierte Visualisierung
vorgegebener (literarischer) Artefakte?
Ein Schreib-Beginn, zugegeben, einer flau gewordenen Reproduktion von
Versatzstücken ästhetischer Zuordnungen, Schubladenteile. So nicht.
So eben nicht- denn Sehen kann ich, kann mündiger, denkender Betrachter allemal.
Hergeholte Gewohnheiten, dann Einsortieren, dem schnellen "klick" der PC-
Generation entsprechend, sekundenkurze Assoziationen - geht das auf?
Tausendmal Gesehenes irritiert- geht dazwischen, kann (sich) nicht behaupten.
Das Bild wird still.
Kann ich es herleiten von der "Wahrnehmbarkeit" oder der "Herstellbarkeit" eines
Bildes? (Bazon Brock)
Malerei, Konzeptarbeiten, (begehbare) Objekte von Michael Knauth setzen sich
auseinander mit deutschen Tugenden, Typologien, der Waren- und Werbeästhetik,
ihren Symbolen . Dem "Ding an sich", fetisch geworden.
Dazu die Komprimierung, Eine bildnerische Herangehensweise, die die
literarischen Bilder aufscheinen läßt, vergänglich; malerisch "im Wort" in den
visualisierten Raum gesetzt, gebrannt.
Die "Produktion", die Herangehensweise von Michael Knauth läßt sich durchaus
(und vermutlich beabsichtigt) mit generierter Kunst "aus dem Netz" vergleichen,
wenngleich sie den Moment bannt und Grenzen der Begrifflichkeit überschreitet.
In den Arbeiten nach/mit Texten des Berliner Literaten Hanns Graaf werden diese
"gewohnten" Vorstellungsbahnen verlassen, überdehnt, so in "weggelebt",
"übersatt", "ziehen".
Fotoarbeiten und Malerei auf Acryl, Leinwand, Siebdrucke auf Aluminium lassen in
der Tat an die "factory-production", etwa eines Andy Warhol oder Robert
Rauschenberg denken. Wir sind umgeben von den Warenwelten eines Jahres 2005. Die
Kulturkritik geriet an den Rand ihrer Ursächlichkeit, ihrer Verfaßtheit. Hier
setzen Knauths Arbeiten an.
Die Metaphern werden personalisiert. Barbie und Ken, längst als Spielding zum
(46-jährigen) Symbol eigener, sich selbst besitzstandwahrender, reproduzierter,
immer mal (leicht, leicht) veränderter (BildungsbürgerInnen-)Welten geworden,
kriechen sich nacheinander ins Allerwerteste, stoßen sich, stoßen ab, amüsieren
wie verstören.
Eine wundgeriebene Groteske. Leiser und dunkler kommen die "Augenbilder",
"Seh-Schienen" einher ("entkommt", erfüllen","durchbrechen"). Damit unser
Verhalten zum Abbild, unsere Gegensicht auf das Unvollkommene.
Das Bild wird umgekehrt, löst sich aus der Konnotation der Marketingstrategen;
Zeichen und Begriffe stehen nackt und bloß.
Die visuellen Irritationen aber lassen neugierig werden. Auf eine eigene Sicht
der Dinge, die unabhängig von vorgegebenen Werbespots tasten, fühlen, wahrnehmen
läßt. Sich erlaubend, den Moment zu achten, die Verstörung auszuhalten.
Michael Knauth, wiewohl in Bochum studierend und überall laufende Impulse
aufgreifend, ist ein "Heimspieler" geblieben. In einer Umgebung, die nicht
gesättigt ist von Endlosschleifen der -fremdbestimmten-Deutungen,
unempfindlicher den Zwängen der Kauflust gegenüber,(die Werbemanager für
"schmalere ""Zielgruppen" agieren läßt) schafft er- auch gegebenenfalls vernetzt
mit den Gruppenmitgliedern von "Querschlag"- die eigenen Deutungen.
Sowohl in seiner Malerei, der Fotografie, den Collagen, "Begehungen", den
individuellen visuellen Artefakten versucht er den spielerischen Zugang, ohne
flüchtig oder "oberflächenpoliert" zu agieren.
Jenseits aller "angesagten" deutschen Naturalismen, surreal überstrichen,
versucht hier einer, das Vorgegebene selbstlos und selbst-bewußt zu arrangieren.
Unsere erste Begegnung fand in Bochum statt. Später hier, in Berlin.
Auf eine Wiederbegegnung, im Chemnitzer Umland oder anderswo; persönlich oder in
den Werken, auf Momente der Ruhe und angeregten Gespräche wie auch Inspiration,
bin ich gespannt.
Mögen die Arbeiten von Michael Knauth weitere Räume finden.
Jana Ritter, Kulturwissenschaftlerin, Berlin, im Februar 2005
From the outside
On the works of the artist Michael Knauth, Ehrenfriedersdorf
Conceptualism, photorealism or just illustrated visualisation of a given (literary)
artifact ? A first draft of a
flat reproduction of bits and pieces of esthetical order, drawer pieces. Not so.
Not so, because I, a mature thinking spectator, can see. Old habbits, sorted,
according to the fast click of
the pc-generation, split second associations – does that fit ? The often
observed irritates – goes in
between, cant hold ist place. The picture goes silent.
Does it come from the noticeability or the producebility of a picture ? (Bazon
Brock)
The art of painting, concept works (traversable) objects Michael Knauth’s
confront german virtues,
typologies of consume– and marketing esthetic and ist symbols, the object in
itselfs – having become a
fetish. Add the compression, a picturesque advance which enlightens the leterary
picture; mortal; painted
in “the word”, placed individualiced room, burnt.
The “production”, the working style of Michael Knauth can be related to
generated art “from the web”
(probably on purpose), even though it captures the moment and surpasses the
limits of understanding.
The works in conjunction with the words of Berlin born literary Hans Graf, these
“usual” imaginations
disperse, as in “grown apart”, “oversaturated”, “withdrawing”.
Photo works as well as painting on acrylic, canvas, aluminum prints actually
remind of the „factory
production” of an Andy Warhol or Robert Rauschenberg. We are surroundet by the
consum of the year
2005. The criticque on art reached the limits of causation, of ist condition.
This is where Knauth’s works
connect.
Metaphores are being personalized. Barbie and Ken, long thought of as a play
thing a 46 year old symbol
of a personal self-sustaining, reproducing and always slightly changing world,
crawling up one anothers
behind, disgust, amuse, and disturb. A grotesce rugburn. Quieter and darker the
pictures and the “viewing
crutches” appear (escape, meet expectations, breakthtough). Our reactio to the
image, our view of the
imperfect. The picture is being reversed, escapes from the connotation of
marketing experts; symbols and
notions stand plain and naked, but the visual irritations raise intrest. Intrest
in ones own view of things,
indipendent of given commercials, to touch, feel and realize. Allowing one to
appreciate the moment, to
withstand the disturbance.
Michael Knauth, stayed a “home player” allthough he studied in Bochum and
captured impulses from
everywhere. He manages to fabricate his own interpretations in a world, not
saturated by constant cycles
of interpretations of others, free from the pressures of consum. In his
paintings, photos, collages as well
as his individual visual artifacts he seeks playful entrance, without being
shallow. Far from other “top”
german naturalisms surreal, h tries to arrange the given selfless and with a
sense of self. Our first meeting
was in Bochum, later here at Berlin. I am Curiously awaiting a reunification in
Chemnitz or some place
else, in person or in his works, moments of solitude and lively conversation as
well as inspiration. May the
works of Michael Knauth find a room for expansion.
Jana Ritter, art sciences, Berlin, February 2005
Ausstellungsbesuch
Ich stehe also in einer Ausstellung vor Michael Knauths Bildern. Mit
Sektglas. Lachshäppchen.
„Sie kennen das ja.“
Oder auch nicht. Es ist hier nicht wichtig. Oder doch.
„Jedes Mal, wenn ich diese Bilder ansehe, friert mich“, sagt eine Person, welche
zufällig neben mir steht.
„Warum frieren Sie?“, frage ich.
„Die Bilder sind kalt.“
„Was macht diese Bilder eigentlich kalt?“ frage ich weiter. „Die Farben sind es
nicht. Es sind nur Rottöne in den Bildern.“ Rot – warm. Blau – kalt. Das kennt
jedes Kind. „Die Linien sind weich abgestuft, verschwimmen fast mit dem
Hintergrund, sfumato, wie man sagt.“
„Es ist der Text?“
„Was heißt das?“
„Wisst. Sagt. Sucht. Überlegt.“
„Das ist doch nicht kalt.“
„Überlegt ist eine Aufforderung. Dabei friert mich.“
„Und wenn da stattdessen stünde: Fickt. Fühlt. Liebt. Genießt.“
„Steht da aber nicht. Da steht: Überlegt.“
Aha. Es ist der Gedanke. Die Kälte des Gedankens. Die fragmentarische Kälte des
Gedankens. Die Vermutung der Kälte hinter dem Teilgedanken.
„Die Welt hat über sechs Milliarden Bewohner“, interveniert eine weitere Person.
„Sie verdoppeln sich alle so und soviel Jahre.“
„Ja genau. Die Ressourcen. Die brennenden Wälder am Amazonas.“
„Die Kriege in Afrika.“
„Das Klima. Vergewaltigung.“
„Die Temperaturen.“
„Sie steigen, steigen, steigen.“
„Und diese Bilder sind kalt.“
„Was kann es denn überhaupt besseres geben?“
„Es ist die Pause für den Gedanken.“ sagt eine vierte Person. „Die
Beschleunigung lässt nur die Oberflächenerfahrung übrig.“
„mmmhh…“
„Ist Ihnen noch kalt?“
„Nein, jetzt nicht mehr.“
„Wir müssen Orbitale schaffen für den Gedanken.“
Es lebe der Gedanke.
Michael Goller, Chemnitz 12/2004
Visit the Exhibition
Well, I am standing in an exhibition in front of the pictures of Michael
Knauth.
With a Glass of champagne and a piece of salmon.
“Well, you know about it.”
Maybe, maybe not. It’s not important here. Or is it.
“Every time I take a look at there pictures I feel cold,”
tells a person which stands next to me.
“Why are you feeling cold?” I ask.
“The pictures are cold.”
“What makes the pictures cold?” I am asking.
“Its not about the colours. There are just red colours in the pictures.”
“Red – warm, blue – cold. Every child can tell about it.
“The lines are soft edged, almost blurr with the background, sfumato as you say.”
“It’s the words.”
“What does it say?”
“Know. Tell. Search. Think.”
“But that’s not cold.”
“Think is an request. That makes me feel cold.”
“And what if there would be standing Fuck.Feel. Love. Enjoy. Instead of?
“Well it doesn’t stand there. There it says: Think.”
Oh, ok. It’s the thought. The cold of the thought.
The fragmentary cold of the thought.
The Assumption of coldness behind a fragment of thoughts.
“This world has over six billion inhabitants,” intervenes another person.
“The double all so and so many years.”
”Yeah, right. The resources. The burning forests in Amazonian.”
“The wars in Africa.”
“The temperatures.”
”The climate. Kind a raping.”
”They rise, rise, and rise.”
“And these pictures are cold.”
”Is there anything that could be better?”
”It’s a break for the thought,” a fourth person says.
“The increasing of speed just leaves an experience of the surface.”
“mmmhh…”
”You’re still feeling cold?”
“No, not anymore.”
”We have to create orbits for the thought.”
Long life the thought.
Michael Goller 2005 (translation: Jeannine Helbig)
Vom schweren Weg ein Künstler zu werden - und zu bleiben...
"Künstlerisch-kreativer Charakter wird nicht angeboren - sondern man muss sich
ihn erwerben!"; dieser treffende Ausspruch der großen Kollwitz kommt mir
unweigerlich in den Sinn, während mich der Künstler Michael Knauth, ein
Mitbegründer der zeitgenössischen Chemnitzer Künstlergruppe <
Christian-H v Gehe, Dresden im Februar 2005.
About the difficulty to become and to be an artist
“You are not born with an artistic creative vein, but you have to acquire it”,
the great Kollwitz used to say. Her apt remark comes to my mind inevitably,
while Michael Knauth shows his studio to me. Knauth is one of the founders of
the contemporary artists’ group “Querschlag” in Chemnitz. (The creative consumer
can get and should get an idea of the exciting totality of his works with this
entirely logical catalog of works.)
Studio light, studio air – I am concentrating. I pause, see and realize, watch
carefully or by chance. Searching, following. Finally, I listen carefully. Yes,
I do enjoy Knauth’s laconic and direct comments, when he – in his harmonic and
matter-of-fact speech – is almost discreetly talking about works that turned out
especially well and that are important to him. I am fascinated by his serious
character and I am deeply moved by his artistic way. I am taken with his genuine
creativity as well as with his unconventional ideas. I respect and admire his
obviously single-minded synchronicity. The unsparing filter of his personal
point of view corresponds with an unmistakably good feeling for the use of
creative means of expression. Thus he is symbolizing modern society and its
state of mind. It is becoming the focus of perception again. Here, at the sight
of an overwhelming clarity and considering the results of his work I experience
directly his artistic demands. In this unique and very complex environment,
where I experience the artist vis-à-vis, I see the direct proportion: artist –
the result of his work. Here, in this special atmosphere, at this moment. I
can’t prevent my thoughts from drifting into my own world of ideas...
I try to resume, to align, and to understand...
We are pausing and looking, looking at the same or at least at similar things –
without further ado. Pragmatic silence. Shrouding. Suddenly, our outlooks on
life and art - which are not only apparently disparate - are silently and almost
naturally merging into an original and very impulsive point of view. All of a
sudden they revolve round the true heart of the matter. My – our thoughts, this
intuitive process is growing, is coming out of the haze and is taking shape!
Realization, inspirations intersect and compile to an essential construct: The
sense of art, of our time, the omnipresent or double of our modern and shallow
society ... I see clearly. I don’t say anything, I am just thinking! Now, at
this moment, I suddenly understand why Knauth quarrels with the great word “today”.
I realize that creativity, imagination and the courage of brainworkers are
unwelcome, unpopular, de facto not following the trend in our modern time and
that they are edged out uncompromisingly and effectively ... Does this affect
art as well? Is art dangerous? Who is interested in it? Whose insidious idea is
it? Constraints ... oh no. Where is the authority, the servant, the creature,
the lackey to protect us from it? Who is interested in it? Why the truly rulers
are not to be found? After all, there are authorities, there is media, there is
the flood of information ... We need media – do we need them? What a stupid and
childish question! Dangerous opportunism. Because we want to know everything.
And after all we get to know everything. In the modern age of media discords are
not allowed, neither are released tendentious information and half-truths.
That’s out! And there is neither a forced, systematically controlled information
explosion nor an irrational redundancy of incoherencies at every turn. Who
should benefit from it? What is to sink in such a mountain? Calculation? To
divert from intellectual impoverishment, rampant decadence, childish naivety?
Isn’t it unwholesome, isn’t it terrible? Isn’t it a scandal? “The educated world
is superior to the uneducated just as the living are superior to the dead.” I
recover. At least, we’re all living. Suddenly, I am not sure anymore. Are we
still living?
They take care of us, they let us know...
It is not about some essential recurring factors. Our manageable, consumable
world is made of innumerable streams of information ... we have to absorb them,
consume. We are forced to do it, that’s the way it should be. My thoughts
revolve: Live is imagination, creativity, curiosity ... tolerance and
understanding by means of knowledge. That’s how it is, isn’t it?
Why do we have to see our unmistakably brilliant world through media? Why does
reality not take place anymore? Why lie is consciously made the centre of our
existence? Why are we taught not to see, not to try anymore? Why is truth not
allowed to lie between two extremes? Why is truth just one extreme today? Isn’t
it terrible? Bias, vanity, immorality, selfishness, lost human values,
adaptation, subordination and the desire for personal advancement ... everywhere
... in the medium ... in your head – manipulation, baser human instincts,
mobility, dull feeling, the frenzy of activity ... to put such thoughts to sleep?
Human thoughts, great thoughts – honesty, character, reality, courage ... does
it end up in the blindness of our senses? Isn’t it terrible? – No, a new sense
organ is being created: our “consumet”, which will lead us through the world and
becomes the elixir of our life! We devote ourselves to it. We follow the
missionaries, who will stop us from such blasphemy like anti-consumerism. Isn’t
it terrible? – No, since it will keep us continuously moving to prolong life.
Fortunately, it will stop us from the burden of thinking based on a good memory
... it will show us the way to real life ... it will help us getting over the
fact that the most important aspects of life are getting more and more
unattainable for the masses – while they are easier to attain for the hautevolee
... it will force us to obey social constraints, it will divert from all evil: a
common sense, the curiosity that makes us ask questions. Indolence, bearing
debility with great relish – this new sense organ will lead us. With growing
vanity we will become insensible to ourselves and to our environment. However,
it will give us self-control towards all useless stuff – especially the unerring
instinct for the growing contradictions in us and all around us. With matchless
conviction it will impose conformity on us and unite us facing a wall of
enlightenment, our long-awaited convalescence: the true redemption by all
pervasive sophistry, a total displacement of values and immorality. Fortunately,
it shuts our eyes to two completely irrelevant things:
First: Why is our formerly so colourful world getting more grey, dull,
conforming – and thus unattractive? Where do we find the great variety? Where do
we find the true characters?
Second: “You are not born with an artistic creative vein, but you have to
acquire it.”
Christian-H. von Gehe, Dresden im Februar 2005 (translation: Jeannine
Helbig)
Wiederentdeckung der Sinne durch Provokation
„Bildende Kunst besitzt seit alters her immer einen direkten Bezug zu den
vorherrschenden gesellschaftspolitischen Gegebenheiten – und dies wird sich
niemals ändern.“
Diesem essentiellen Grundsatz der allgemeinen Kunstgeschichte sieht sich die
Chemnitzer Künstlergruppe <<Querschlag>> nicht nur verpflichtet – sondern sie
will diese bis heute unerschütterliche Verbindung am Leben erhalten! Michael
Goller, Dirk Hanus, Michael Knauth und Peter Piek schwören daher darauf,
aktuelle Zusammenhänge bzw. Problemzonen des modernen, antiindividuellen
Menschenlebens sichtbar zu machen und zu konkretisieren. Der subjektiv-logische
Schluss, dass sich die zeitgenössische Kunst auf einem parallelen Pfad zur
gesellschaftlichen Weiterentwicklung in einem Zustand zum Himmel schreiender
Ambivalenz voranquält – wenn überhaupt, ist gewollt. Nein – er ist erzwungen,
muss erzwungen werden! Denn diese Pfade drohen nach Auffassung der Künstler
erstmalig auseinander zu driften... und in oberflächlich-warmer Flüssigkeit
humanistischer Leere sowie Intoleranz zu verdunsten – um in einem Schleier
geistiger Unbedarftheit stetig übermächtiger werdenden Irrlichtern den Vortritt
zu lassen. Die Chemnitzer sind überzeugt davon, dass es immer schwieriger wird,
die Menschen mit geistig-visuellen Botschaften via künstlerischem Werk zu
erreichen.
„Immer mehr Menschen nehmen die Realität nicht mehr über ihre vielfältigen Sinne
wahr, sondern über den einseitig-visuellen Manipulationsfilter der modernen
Massenmedien – dies führt zu geistiger Verarmung!“, postuliert Michael Knauth.
Für die Unterstreichung dieser Symbolik suchen die vier jungen Querschläger eine
Bühne, um möglichst viele Konsumenten ihrer Arbeiten „wieder aktiv auf die
zukunftsweisende Straße der Erkenntnis zurückzuführen: dass Veränderungen des
Lebensumfeldes damit beginnen, sich selbst zu verändern“!
Christian-H. von Gehe, März 2005
Rediscovery of the senses by provocation
“From time immemorial fine arts are always directly related to the
prevailing socio-political circumstances - and this will never change.
The Chemnitz based artists‘ group “Querschlag“ (obstruction) has not only
committed itself to this essential principle of general art history, but it will
keep these relations alive, which are unshakable to this day.
Thus Michael Goller, Dirk Hanus, Michael Knauth and Peter Piek insist on
making the overall scheme or problems of modern anti-individual human life
visible and put them in concrete terms. Contemporary art is struggling in a
state of outrageous ambivalence on a path parallel to social further development
- if at all: This is the desired subjective-logical conclusion.
No - this conclusion has to be forced out. Because, as the artists see it, for
the first time these paths are in danger of drifting apart .
And of evaporating in the superficial-warm liquid of humanist emptiness and
intolerance: to give precedence - in a veil of intellectual naivety - to the
will-o‘-the-wisps, which are becoming steadily superior. The artists from
Chemnitz are convinced that people are less and less open to the intellectual
visual messages from works of art.
“More and more people do not perceive reality through their varied senses, but
through the one-sided visual manipulative filter of modern mass media.
This will lead to intellectual impoverishment!“ Michael Knauth postulates.
To emphasize this symbolism, the four young obstructionists are looking for a
platform to lead as many consumers of their works as possible back to the road
of knowledge: “Change yourself first if you want to start changing the world
around you!“
Christian-H. von Gehe, March 2005 (translation: Jeannine Helbig, M.A.)
Querschläger kontra Konvention
Künstlerquartett sucht per Foto, Schrift und Malerei nach neuen Dimensionen
Wenn sich die vier Männer im Alter zwischen 22 und 42 etwa aller vier Wochen
sonntags zum Brunch versammeln, ist auch diese Zeit nicht frei von produktivem
Schaffen in Sachen künstlerischer Arbeit. Denn dann stehen Diskussionen um die
Projekte, Ausstellungen und Werke jedes einzelnen an, bei denen es keine falsche
Rücksichtnahmen gibt. Schließlich verstehen sich die gebürtigen Chemnitzer
Künstler Dirk Hanus, Michael Goller, Peter Piek und Michael Knauth nicht
umsonst als „Querschläger“. „Wir wählen immer einmal wieder einen von uns aus,
der dann das Werk des anderen richtig verreißen muss. Doch dies darf nur mit
guter Argumentation geschehen“, erklärte Michael Goller zu einem ihrer vielen
Rituale. Denn wichtig ist ihnen allen dabei, dass aufrichtige Kritik jedem Hilft
in seiner Arbeit voran zu kommen. Da sie ständig versuchen, aus den
konventionellen Feldern ihrer Metiers auszubrechen, bleibt das „Anecken“ bei so
manch konservativem Kunstlehrer oder Galerist nicht aus. „Es ist keine bewusste
Provokation, sondern eher eine Konfrontation, die sich aus unserer Arbeit
ergibt“, dachte Michael Knauth laut über das Phänomen des „sich Reibens“ nach.
Der Maler und Konzeptkünstler versucht mit Text- und Bildvermischungen aus der
Sprache des Bildes auszubrechen und stößt damit beim freien Fotograf Hanus,
Maler Goller und Grafik- und Buchkunststudent Piek auf Verständnis. Denn
auch sie ringen in ihren Arbeiten um die Erweiterung der Ausdrucksmittel. Hanus
setzt ungewöhnliche Orte und Leute in Szene und gibt den Bildern mit Hilfe
digitaler Verfahrenstechnik eine zweite und dritte Kommunikationsebene.
Piek, der expressive Elemente und Graffiti-Stile vermischt, sucht in
seinen Bildern nach dem Moment, an dem die Gestaltung mit so wenigen Mitteln
auskommt, dass nur das „wahrhaft Wesentliche“ abgebildet ist. Stark beeinflusst
wird er bei seinen Experimenten von Musik und Rhythmus. Denn in allem, ob Klang,
Bewegung, Spiel oder Natur spielen Rhythmen eine große Rolle. Und Goller setzt
in seinen Gemälden Bilder in Bilder und bricht damit Details heraus, gibt dem
Ganzen neue Dimensionen und Betrachtungsperspektiven. Dieses Suchen nach neuen
Kontinenten der geistigen Welt brachte das Quartett nach ihrer „Querschlag“-Ausstellung
im Mai 2003 näher zueinander. Seither sehen sie sich als gegenseitige
Triebkräfte, die einander beeinflussen, ohne die Eigenständigkeit zu verlieren.
Insofern war es irgendwann wohl nur folgerichtig, den Kunst-Vierer nach der
ersten Begegnung zu benennen. Nun ist „Querschlag“ seit Januar erneut in einer
Ausstellung versammelt. Bis März zeigt das Quartett in der Kleinen Galerie
Döbeln eine Auswahl seiner Werke. Wann sie in diesem Jahr in Chemnitz zu einer
gemeinsamen Präsentation kommen werden, steht noch nicht fest. „Der Wille dazu
ist da. Aber wir haben ja seit über fünf Jahren auch als Einzelpersonen noch mit
vielen anderen Projekten zu tun, in die wir Zeit und Mühe stecken müssen. Aber
mal sehen, vielleicht findet sich ja eine Galerie, die uns Gelegenheit gibt“,
meinte Dirk Hanus. Einen Einblick in das Schaffen der „Querschläger“ können
Neugierige aber auch ganz ohne Galeriebesuch unter www.querschlag.de erhalten.
(RE)
Uwe B. Rechtenbach, Chemnitz im Februar 2004
Ricochet contra Convention
Quartete of artists searches with photos, lyrics and paintings for new
dimensions
When four young men at the age of 22 to 42 gather about every four weeks to have
brunch, time isn‘t
wasted with not working on arts. Then discussions are held about projects,
exhibitions and the work of
every single one. And there are no false consideration. Not without reason the
four in Chemnitz born
artists Dirk Hanus, Michael Goller, Peter Piek und Michael Knauth as “Ricochets“.
“We always choose one of us that has to pull to pieces the work of another one.
But this only has to be
done with good argumentation“, Michael Goller explains one of their many rituals.
It is really important that
sincer critics helps every single one to see a progress in his work. Because
they are constantly trying to
escape from the conventional fields of their profession the “bodycheck“ with
quiete a few conventional art
teacher or gallerist doesn‘t take long to come.
“It is not a deliberate provocation, more a confrondation, that results fron our
work“, Michael Knauth
thoughts out loud about the phenomen of the “rubbing“.
The painter and conceptional artist tries to break out of the language of the
pictures with the mixes of
words and pictures and meets in the freelancing photographer Hanus, painter
Goller and graphic and
book arts student Piek their understanding.
They are struggeling with their work for an extention of their ways of
expressions. This search for new
continents of the intellectual world brought the four after their
“ricochet-exhibition“ in May 2003 closer
together. Since then they see each other as mutual propelling power, who
influence each other without
loosing their peculiarity. So far it has just been logical to name the art-four
after their first meeting.
Uwe B. Rechtenbach, Chemnitz February 2004
Copyright © Künstlergruppe Querschlag