Künstlergruppe Querschlag (2003-2008)

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Dirk Hanus

Fotografie

Dirk Hanus
Fotografie
ISBN 3-938543-02-7
Mit Texten von Dirk Hanus und T.O.Immisch
1. Auflage 100 Exemplare 2005 Passage Verlag Leipzig
40 S., farbig, 10,- EUR

Katalogtexte:

I

Metamorphosen

Beobachtungen in sächsischen Industriebrachen

2002 - 2004

Der Mensch entreißt der Natur Raum, baut und gestaltet.
Und verlässt geraubte Fläche.
Zwangsläufigkeit der Ökonomie.
Hinterlassen bleiben Zeugen seines Wirkens.

Langsames Vergessen ...

Im Wettlauf mit den urwüchsigen Kräften greift er
von Zeit zu Zeit wieder ein.

Auch Fotografen brechen ein in die scheinbare Ruhe des Zerfalls.
Menschen tauchen auf und verschwinden bald wieder.
Es bleiben Fotos – eingefrorene Dokumente des Verwandelns.

Ästhetik des Häßlichen?
Schönheit des Verderbens?
Ende oder Neubeginn?

II

LichtGestalten


1993 - 2005

Von den Posen vor der Kamera hatte ich genug. Maskenhafte Gesichter,
verzerrtes Lächeln für die Kamera. Oberflächlichkeit, Rastlosigkeit und
Hektik, keine echte Ausdruckskraft.

Wie vor 150 Jahren: Eine lange Belichtungszeit zwingt, ruhig zu
verharren und sich zu besinnen. Ein Lichtstrahl gleitet per Taschenlampe
über das Motiv.

Reduktion auf das Wesentliche. Sämtliche Ablenkungen werden eliminiert.
Weder Kleidung noch ein Hintergrund ziehen die Aufmerksamkeit auf sich.

LichtGestalten entstehen! Kein gezwungenes Lächeln mehr, Konzentration
und Kontemplation.

Die Fotos sprechen ihre Sprache und erzählen über Menschen ...

III

Pinhole Views

2004 - 2005

Photographieren heißt, Löcher in die Welt zu machen, das, was der Fall
ist, anzuhalten, stillzustellen und aufzuheben.
Merkwürdiger- oder passenderweise wird dazu ein Gerät benutzt, dessen
entscheidende Eigentümlichkeit ein Loch ist: eine Kamera. Ihre Urform
ist eben die Lochkamera, die später in das Loch eingepasste Linse ist
nur dessen Vergrößerung und Erweiterung.

In einer Situation, wo Distanz, Distinktion, Verstellen der Welt durch
digitale Codes dominieren, nimmt eine Gegenbewegung zu. Künstler und
Photographen besinnen sich auf ältere analoge Weisen des Bildermachens,
die die Faszination der Nahsicht mit dem Abbildhaften der Photographie
verbinden, etwa das Fotogramm oder das Arbeiten mit der Lochkamera.
Dieser Apparat ist eine dunkle Kammer, klitzeklein oder zimmergroß, in
die durch ein winziges Loch (darum im englischen pinhole camera) Licht
fällt, das auf der gegenüberliegenden Wand ein Bild der Außenwelt
projiziert, welches mit Film oder Photopapier festgehalten werden kann.

Dirk Hanus nimmt mit seiner Lochkamera Bilder im Panorama-Format auf.
Das steigert einerseits die Wirkung der archaischen Technik, also eine
verblüffende Nähe und Unmittelbarkeit, die nicht planbaren
Unschärfe-Verläufe, das Verwischen und Verwachsen bewegten Wassers oder
im Wind schwankender Blätter zu etwas so nie Gesehenem und die manchmal
beinahe unheimliche Materialität des Lichts. Andererseits, jenseits des
physikalisch Bedingten, verzaubert es die Bilder selbst, lässt sie zu
verwunschenen, traumartigen, bedrohlichen oder märchenhaften kleinen
Welten werden. Elfen, Zwerge, Kobolde oder Nixen könnten hier gut sein,
ihr Auftauchen im Bild oder gerade Verschwinden aus ihm würde nicht wundern.
Dirk Hanus’ im besten Sinne romantische Szenerien zeigen eine
unbekannte, verwandelte Welt, erschaffen durch das von ihm geführte und
verführte Licht.

T.O. Immisch
Stiftung Moritzburg, Halle

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