Künstlergruppe Querschlag (2003-2008)

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Die Künstlergruppe Querschlag

Querschlag, klingt brachial. Klingt vielleicht ein wenig quer auch zu der politischen Position, zu der sich Dirk Hanus, Michael Goller, Michael Knauth und Peter Piek eigentlich zurechnen, klingt irgendwie rechts angegangen. Wieder eine Provokation, ein Wort, das sich im Gebrauch der vier Künstler wendet, zu changieren beginnt, sich neu, mit anderem Inhalt füllt.
Natürlich bleibt es ein Querschlagen, Wut-Haben, Aufbegehren, Umsich-Schlagen, gegen das Leben aus zweiter Hand, den Konsumzwängen, Fernsehsüchten zu widerstehen, die seichten Unterhaltungsgelüste zu ignorieren, sich dieser gefilterte Wirklichkeit, vorgekaut, zu widersetzen, zu widersetzen mit Kunst.
Es sind vier Männer, - das lasse ich unkommentiert… Neben Malerei, Zeichnung, Fotografie und Grafik schreibt es aus ihnen, es wird gedichtet und Prosa getextet, in einer Band losgelegt. Ein richtiger Mix wird es dennoch nicht, die Sparten bleiben relativ getrennt, die vier sprechen halt in mehreren Sprachen, wobei die bildende Kunst die Oberhand behält. Brüche und Umbrüche sind bei ihnen normal, Selbstschulungen, Streitgespräche mit- und gegeneinader, daran wachsen sie. Und es gibt vom Jüngsten zum Ältesten einen Altersunterschied von fast 20 Jahren, da muss auch quer durch die Generationen einiges verbinden.
Vielleicht verbindet sie einerseits Wut, Aggression gegenüber der verheerenden Medienmacht, die den Menschen nur noch als Konsumenten wahrnehmen kann und andererseits Spontaneität, Offenheit allem Erleb- und Fühlbaren gegenüber. Alles, nur nicht der schale Ersatz für Leben, sie suchen es unverfälscht in individueller Selbstbestimmung.
Keinesfalls sind sie deshalb schon unter ein künstlerisches Dach zu stellen, einzuhüllen oder zu verhüllen mit einem künstlerischen Programm. Mit ihren individuellen Kunstäußerungen liegen sie fast quer zueinander, haben es jedoch bis jetzt geschafft, sich zu ergänzen, ohne sich dabei zu erschlagen.
Es bringt auch nichts, sie auf eine Querschlag-Protestebene zu heben. Wenn es nur das wäre, müssten sie keine Kunst machen. Bei den Werken trennen sich Wollen und Hoffen, da spricht nur das, was sich zeigt, programmatische Sprüche, Verkleidungen, Hüllen verdampfen schnell. Betrachten wir die Werke.
Dr. Ina Gille, Leipzig im Mai 2005

Querschläger zu Gast bei Nachbars

"Kein zentrales Thema, nicht mal formale Zusammenhänge. Was uns verbindet, das kann man nicht konkret artikulieren", versucht Michael Goller das Wesen der Künstlergruppe "Querschlag" zu erklären.
Was auch immer das Geheimnis ist - es genügte, um im tschechischen Chomutov eine Kirche und eine Galerie für eine Ausstellung zur Verfügung gestellt zu bekommen. Dort zeigen Goller und seine "Querschlag"-Kollegen Peter Piek, Michael Knauth und Dirk Hanus seit Anfang Juni ihre "Puppet-Show".
Seit vier Jahren sorgen sie regelmäßig für Aufsehen - mit außergewöhnlichen Ausstellungen und gewagten Aktionen. Immer wieder ist von Provokation die Rede, wenn es um die Künstlergruppe "Querschlag" geht. "Wir sind gar nicht vordergründig auf Provokation aus", erzählt Michael Goller. "Natürlich sind unsere Arbeiten streitbar. Doch sie sind mehr als Experiment zu verstehen." Provokation ist für die vier Chemnitzer Künstler nicht Selbstzweck oder Pose, sondern vielmehr die Wirkung, die ihre Malereien, Fotografien und Installationen beim Betrachter auslöst - und auslösen soll.
Die erste Reaktion auf ihre Gemeinschaftsarbeit begleitet die Gruppe bis heute. Nach dem Aufbau der Premieren-Ausstellung des Quartetts im Atelier Schiersandstraße im April 2003 bemerkte eine Freundin, das wirke auf sie alles wie ein "Querschlag". Mit dieser Einschätzung stand nicht nur der Name für die Gründungsschau, sondern auch für die Künstlergruppe fest. Denn die sollte Zukunft haben. Selbst, wenn die vier Herren im Alter von 26 bis 45 Jahren nicht wirklich viel gemein haben. Vielleicht ist es aber gerade der Mix aus verschiedenen Blickwinkeln, Lebenswelten, gegensätzlichen Arbeitsweisen und eben auch dem Altersunterschied, der die "Querschläger" eint. Statt auf Gemeinsamkeiten setzen die Künstler auf Austausch und Diskussion. "Dadurch entsteht eine Art positiver Gruppenzwang, der sehr produktiv ist", findet Michael Goller, und Dirk Hanus ergänzt: "Wenn man sich beißt, entwickelt man sich auch."
Dass die Chemie trotz vielfältiger Differenzen stimmt, spürte Michael Goller bereits während der ersten Ausstellung. "Das hatte was", erinnert er sich. "Da musste noch mehr gehen." Und so geschah es auch: Seit ihrer Premiere in Chemnitz erstaunten, berührten, verstörten, schockierten und begeisterten die Ausstellungen der Chemnitzer "Querschläger" mindestens einmal jährlich - unter anderem im Döbelner Rathaus, in der Galerie Dachschiff im Berliner Kunsthaus Mitte und in der Galerie Westerheide in Ranis.
Und nun tun sie's auch im tschechischen Chomutov. "Dies ist ein großer Qualitätssprung an Möglichkeiten", findet Michael Goller. Den weiß das Quartett dankbar für ihre "Puppet-Show" zu nutzen. In der Galerie Lurago zeigen Goller und Peter Piek ihren Bilder-Dialog "Puppenspieler". Dieser entstand in den Jahren von 2003 bis 2006. In dieser Zeit widmeten sich die beiden Künstler ihrem selbst erschaffenen "Malfront"-Studium, bei dem sie - losgelöst von akademischen Institutionen - an in Eigenregie gestellten künstlerischen Aufgaben tüftelten. Eine davon war diese dialogische Arbeit. "Ich malte das Initialbild 'Puppenspieler', auf das Peter Piek mit einer neuen Version antwortete, die ich wiederum malerisch erwiderte - und so weiter", erklärt Michael Goller den Entstehungsprozess. Das Ergebnis sind ein Dutzend Malereien, die nun in Chomutov erstmalig zu sehen sind. Einen Dialog ganz anderer Art bewirkt der Fotograf Dirk Hanus mit seinen "Lichtgestalten"-Fotografien. In der St. Ignatius Kirche setzt er Schwarz-Weiß-Portraits unbekleideter Menschen in Beziehung zum sakralen Raum. Michael Knauth geht am gleichen Ort noch weiter. Er lässt 24 lebensgroße aufblasbare Puppen am seidenen Faden kopfüber vom hohen Kirchengewölbe schweben. Seine nackten "blonden Engel" wirken wie umgekehrte Marionetten, die sich der Kontrolle eines unbekannten Spielers anbieten. Titel der Arbeit: "Wir sind Gott". Provokant? Das liegt im Auge des Betrachters...
Yvonne Friedrich, Stadtstreicher, Juli 2007

Wiederentdeckung der Sinne durch Provokation

„Bildende Kunst besitzt seit alters her immer einen direkten Bezug zu den vorherrschenden gesellschaftspolitischen Gegebenheiten – und dies wird sich niemals ändern.“
Diesem essentiellen Grundsatz der allgemeinen Kunstgeschichte sieht sich die Chemnitzer Künstlergruppe <<Querschlag>> nicht nur verpflichtet – sondern sie will diese bis heute unerschütterliche Verbindung am Leben erhalten! Michael Goller, Dirk Hanus, Michael Knauth und Peter Piek schwören daher darauf, aktuelle Zusammenhänge bzw. Problemzonen des modernen, antiindividuellen Menschenlebens sichtbar zu machen und zu konkretisieren. Der subjektiv-logische Schluss, dass sich die zeitgenössische Kunst auf einem parallelen Pfad zur gesellschaftlichen Weiterentwicklung in einem Zustand zum Himmel schreiender Ambivalenz voranquält – wenn überhaupt, ist gewollt. Nein – er ist erzwungen, muss erzwungen werden! Denn diese Pfade drohen nach Auffassung der Künstler erstmalig auseinander zu driften... und in oberflächlich-warmer Flüssigkeit humanistischer Leere sowie Intoleranz zu verdunsten – um in einem Schleier geistiger Unbedarftheit stetig übermächtiger werdenden Irrlichtern den Vortritt zu lassen. Die Chemnitzer sind überzeugt davon, dass es immer schwieriger wird, die Menschen mit geistig-visuellen Botschaften via künstlerischem Werk zu erreichen.
„Immer mehr Menschen nehmen die Realität nicht mehr über ihre vielfältigen Sinne wahr, sondern über den einseitig-visuellen Manipulationsfilter der modernen Massenmedien – dies führt zu geistiger Verarmung!“, postuliert Michael Knauth. Für die Unterstreichung dieser Symbolik suchen die vier jungen Querschläger eine Bühne, um möglichst viele Konsumenten ihrer Arbeiten „wieder aktiv auf die zukunftsweisende Straße der Erkenntnis zurückzuführen: dass Veränderungen des Lebensumfeldes damit beginnen, sich selbst zu verändern“!
Christian-H v Gehe, März 2005

Querschläger kontra Konvention

Künstlerquartett sucht per Foto, Schrift und Malerei nach neuen Dimensionen.
fotoWenn sich die vier Männer im Alter zwischen 22 und 42 etwa aller vier Wochen sonntags zum Brunch versammeln, ist auch diese Zeit nicht frei von produktivem Schaffen in Sachen künstlerischer Arbeit. Denn dann stehen Diskussionen um die Projekte, Ausstellungen und Werke jedes einzelnen an, bei denen es keine falsche Rücksichtnahmen gibt. Schließlich verstehen sich die gebürtigen Chemnitzer Künstler Dirk Hanus, Michael Goller, Peter Piek und Michael Knauth nicht umsonst als „Querschläger“. „Wir wählen immer einmal wieder einen von uns aus, der dann das Werk des anderen richtig verreißen muss. Doch dies darf nur mit guter Argumentation geschehen“, erklärte Michael Goller zu einem ihrer vielen Rituale. Denn wichtig ist ihnen allen dabei, dass aufrichtige Kritik jedem Hilft in seiner Arbeit voran zu kommen. Da sie ständig versuchen, aus den konventionellen Feldern ihrer Metiers auszubrechen, bleibt das „Anecken“ bei so manch konservativem Kunstlehrer oder Galerist nicht aus. „Es ist keine bewusste Provokation, sondern eher eine Konfrontation, die sich aus unserer Arbeit ergibt“, dachte Michael Knauth laut über das Phänomen des „sich Reibens“ nach. Der Maler und Konzeptkünstler versucht mit Text- und Bildvermischungen aus der Sprache des Bildes auszubrechen und stößt damit beim freien Fotograf Hanus, Maler Goller und Grafik- und Buchkunststudent Piek auf Verständnis. Denn auch sie ringen in ihren Arbeiten um die Erweiterung der Ausdrucksmittel. Hanus setzt ungewöhnliche Orte und Leute in Szene und gibt den Bildern mit Hilfe digitaler Verfahrenstechnik eine zweite und dritte Kommunikationsebene. Piek, der expressive Elemente und Graffiti-Stile vermischt, sucht in seinen Bildern nach dem Moment, an dem die Gestaltung mit so wenigen Mitteln auskommt, dass nur das „wahrhaft Wesentliche“ abgebildet ist. Stark beeinflusst wird er bei seinen Experimenten von Musik und Rhythmus. Denn in allem, ob Klang, Bewegung, Spiel oder Natur spielen Rhythmen eine große Rolle. Und Goller setzt in seinen Gemälden Bilder in Bilder und bricht damit Details heraus, gibt dem Ganzen neue Dimensionen und Betrachtungsperspektiven. Dieses Suchen nach neuen Kontinenten der geistigen Welt brachte das Quartett nach ihrer „Querschlag“-Ausstellung im Mai 2003 näher zueinander. Seither sehen sie sich als gegenseitige Triebkräfte, die einander beeinflussen, ohne die Eigenständigkeit zu verlieren. Insofern war es irgendwann wohl nur folgerichtig, den Kunst-Vierer nach der ersten Begegnung zu benennen. Nun ist „Querschlag“ seit Januar erneut in einer Ausstellung versammelt. Bis März zeigt das Quartett in der Kleinen Galerie Döbeln eine Auswahl seiner Werke. Wann sie in diesem Jahr in Chemnitz zu einer gemeinsamen Präsentation kommen werden, steht noch nicht fest. „Der Wille dazu ist da. Aber wir haben ja seit über fünf Jahren auch als Einzelpersonen noch mit vielen anderen Projekten zu tun, in die wir Zeit und Mühe stecken müssen. Aber mal sehen, vielleicht findet sich ja eine Galerie, die uns Gelegenheit gibt“, meinte Dirk Hanus. Einen Einblick in das Schaffen der „Querschläger“ können Neugierige aber auch ganz ohne Galeriebesuch unter www.ppzk.de/querschlag erhalten.
Uwe B. Rechtenbach, Chemnitz im Februar 2004

Querschlag - geistig-visuelle Provokation auf künstlerischer Ebene

Im Zeitalter einseitig-vektoriell gesteuerter Massenkommunikation und oberflächlicher Reizüberflutung, in der der Rezeptor als menschliches Individuum aus dialektischer Sicht immer mehr auf der Strecke bleibt und in einen scheinbar unabwendbaren Prozess zwischenmenschlicher Kommunikationsverarmung hineingepresst bzw. „-entwickelt“ wird, versucht die in Chemnitz am 8. April 2003 gegründete Künstlergruppe Querschlag einen eigenen, unverwechselbar künstlerischen Individualismus junger sächsischer Künstler auf kommunikativer Ebene zu etablieren.
Michael Goller, Dirk Hanus, Michael Knauth und Peter Piek sehen sich aus diesem Grunde nicht nur als individuelle Verwirklicher ihrer eigenen künstlerischen Ideen und Kreativitäten – sondern wollen durch die in Querschlag praktisch vollzogene Zusammenführung ihrer verschiedenen, z.T. äußerst facettenreichen Schaffenscharaktere aktiv einen unverwechselbaren Kommunikationsprozess begründen, der besonders dem außenstehenden Betrachter bzw. Rezeptor mittels der vor diesem Hintergrund entstandenen Arbeiten aktiv erlebbar gemacht werden soll.
Michael Goller und Peter Piek, die ihren Intentionen und den in erster Linie auf persönlichen Eindrücken basierenden Gedankenwelten mit malerischen Mitteln Ausdruck verleihen, stehen dabei mit Dirk Hanus und Michael Knauth zwei Künstler gegenüber, die auf dem Gebiet der Fotografie bzw. Konzeptkunst scheinbar ganz andere schöpferisch-induktive Kommunikationswege nutzen.
Durch den unübersehbaren Plattformcharakter dieser Konstellation bietet sich die Chance Provokation und Polarisation in einem progressiven Erkenntnis- und Erfahrungsprozess zu entwickeln, der durch seine künstlerische Aussagekräftigkeit durchaus ein bewusst verinnerlichender Baustein der Zeitgeschichte werden kann.
Insbesondere durch die zielgerichtete Bündelung verschiedenster zeitgenössisch-künstlerischer Positionen und Tendenzen werden neue kreative Kräfte freigesetzt, und eine zeitgemäße, unvorbelastete inhaltliche Diskussion dadurch überhaupt erst ermöglicht. Die gemeinsame Ergänzung individueller Erfahrungsschätze bildet dabei die Basis der Konfrontation mit der Wirklichkeit und der künstlerisch reellen Auseinandersetzung – um potentiell progressive Gedankenprozesse auszuformen und im zeitgenössischen Kontext unmittelbar zu verifizieren sowie im entsprechenden Medium schließlich künstlerisch zu formulieren.
Dabei wird von keinem der beteiligten Künstler der Bezug zur erlebbaren Wirklichkeit aufgegeben.
Christian-H. von Gehe, Dresden im Mai 2003

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