[Dirk Hanus] [Michael Goller] [Michael Knauth] [Peter Piek] :: [Info] [History] [Kataloge] [Kontakt] :: [english] [česky]
Querschlag, klingt brachial. Klingt vielleicht ein
wenig quer auch zu der politischen Position, zu der sich Dirk Hanus,
Michael Goller, Michael Knauth und Peter Piek eigentlich zurechnen,
klingt irgendwie rechts angegangen. Wieder eine Provokation, ein Wort,
das sich im Gebrauch der vier Künstler wendet, zu changieren
beginnt, sich neu, mit anderem Inhalt füllt.
Natürlich bleibt es ein Querschlagen, Wut-Haben, Aufbegehren,
Umsich-Schlagen, gegen das Leben aus zweiter Hand, den
Konsumzwängen, Fernsehsüchten zu widerstehen, die
seichten Unterhaltungsgelüste zu ignorieren, sich dieser
gefilterte Wirklichkeit, vorgekaut, zu widersetzen, zu widersetzen mit
Kunst.
Es sind vier Männer, - das lasse ich unkommentiert…
Neben Malerei, Zeichnung, Fotografie und Grafik schreibt es aus ihnen,
es wird gedichtet und Prosa getextet, in einer Band losgelegt. Ein
richtiger Mix wird es dennoch nicht, die Sparten bleiben relativ
getrennt, die vier sprechen halt in mehreren Sprachen, wobei die
bildende Kunst die Oberhand behält. Brüche und
Umbrüche sind bei ihnen normal, Selbstschulungen,
Streitgespräche mit- und gegeneinader, daran wachsen sie. Und
es gibt vom Jüngsten zum Ältesten einen
Altersunterschied von fast 20 Jahren, da muss auch quer durch die
Generationen einiges verbinden.
Vielleicht verbindet sie einerseits Wut, Aggression
gegenüber der verheerenden Medienmacht, die den Menschen nur
noch als Konsumenten wahrnehmen kann und andererseits
Spontaneität, Offenheit allem Erleb- und Fühlbaren
gegenüber. Alles, nur nicht der schale Ersatz für
Leben, sie suchen es unverfälscht in individueller
Selbstbestimmung.
Keinesfalls sind sie deshalb schon unter ein künstlerisches
Dach zu stellen, einzuhüllen oder zu verhüllen mit
einem künstlerischen Programm. Mit ihren individuellen
Kunstäußerungen liegen sie fast quer zueinander,
haben es jedoch bis jetzt geschafft, sich zu ergänzen, ohne
sich dabei zu erschlagen.
Es bringt auch nichts, sie auf eine Querschlag-Protestebene zu heben.
Wenn es nur das wäre, müssten sie keine Kunst machen.
Bei den Werken trennen sich Wollen und Hoffen, da spricht nur das, was
sich zeigt, programmatische Sprüche, Verkleidungen,
Hüllen verdampfen schnell. Betrachten wir die Werke.
Dr. Ina Gille, Leipzig im Mai 2005
"Kein zentrales Thema, nicht mal formale Zusammenhänge. Was uns verbindet, das kann man nicht konkret artikulieren", versucht Michael Goller das Wesen der Künstlergruppe "Querschlag" zu erklären.
Was auch immer das Geheimnis ist - es genügte, um im tschechischen Chomutov eine Kirche und eine Galerie für eine Ausstellung zur Verfügung gestellt zu bekommen. Dort zeigen Goller und seine "Querschlag"-Kollegen Peter Piek, Michael Knauth und Dirk Hanus seit Anfang Juni ihre "Puppet-Show".
Seit vier Jahren sorgen sie regelmäßig für Aufsehen - mit außergewöhnlichen Ausstellungen und gewagten Aktionen. Immer wieder ist von Provokation die Rede, wenn es um die Künstlergruppe "Querschlag" geht. "Wir sind gar nicht vordergründig auf Provokation aus", erzählt Michael Goller. "Natürlich sind unsere Arbeiten streitbar. Doch sie sind mehr als Experiment zu verstehen." Provokation ist für die vier Chemnitzer Künstler nicht Selbstzweck oder Pose, sondern vielmehr die Wirkung, die ihre Malereien, Fotografien und Installationen beim Betrachter auslöst - und auslösen soll.
Die erste Reaktion auf ihre Gemeinschaftsarbeit begleitet die Gruppe bis heute. Nach dem Aufbau der Premieren-Ausstellung des Quartetts im Atelier Schiersandstraße im April 2003 bemerkte eine Freundin, das wirke auf sie alles wie ein "Querschlag". Mit dieser Einschätzung stand nicht nur der Name für die Gründungsschau, sondern auch für die Künstlergruppe fest. Denn die sollte Zukunft haben. Selbst, wenn die vier Herren im Alter von 26 bis 45 Jahren nicht wirklich viel gemein haben. Vielleicht ist es aber gerade der Mix aus verschiedenen Blickwinkeln, Lebenswelten, gegensätzlichen Arbeitsweisen und eben auch dem Altersunterschied, der die "Querschläger" eint. Statt auf Gemeinsamkeiten setzen die Künstler auf Austausch und Diskussion. "Dadurch entsteht eine Art positiver Gruppenzwang, der sehr produktiv ist", findet Michael Goller, und Dirk Hanus ergänzt: "Wenn man sich beißt, entwickelt man sich auch."
Dass die Chemie trotz vielfältiger Differenzen stimmt, spürte Michael Goller bereits während der ersten Ausstellung. "Das hatte was", erinnert er sich. "Da musste noch mehr gehen." Und so geschah es auch: Seit ihrer Premiere in Chemnitz erstaunten, berührten, verstörten, schockierten und begeisterten die Ausstellungen der Chemnitzer "Querschläger" mindestens einmal jährlich - unter anderem im Döbelner Rathaus, in der Galerie Dachschiff im Berliner Kunsthaus Mitte und in der Galerie Westerheide in Ranis.
Und nun tun sie's auch im tschechischen Chomutov. "Dies ist ein großer Qualitätssprung an Möglichkeiten", findet Michael Goller. Den weiß das Quartett dankbar für ihre "Puppet-Show" zu nutzen. In der Galerie Lurago zeigen Goller und Peter Piek ihren Bilder-Dialog "Puppenspieler". Dieser entstand in den Jahren von 2003 bis 2006. In dieser Zeit widmeten sich die beiden Künstler ihrem selbst erschaffenen "Malfront"-Studium, bei dem sie - losgelöst von akademischen Institutionen - an in Eigenregie gestellten künstlerischen Aufgaben tüftelten. Eine davon war diese dialogische Arbeit. "Ich malte das Initialbild 'Puppenspieler', auf das Peter Piek mit einer neuen Version antwortete, die ich wiederum malerisch erwiderte - und so weiter", erklärt Michael Goller den Entstehungsprozess. Das Ergebnis sind ein Dutzend Malereien, die nun in Chomutov erstmalig zu sehen sind. Einen Dialog ganz anderer Art bewirkt der Fotograf Dirk Hanus mit seinen "Lichtgestalten"-Fotografien. In der St. Ignatius Kirche setzt er Schwarz-Weiß-Portraits unbekleideter Menschen in Beziehung zum sakralen Raum. Michael Knauth geht am gleichen Ort noch weiter. Er lässt 24 lebensgroße aufblasbare Puppen am seidenen Faden kopfüber vom hohen Kirchengewölbe schweben. Seine nackten "blonden Engel" wirken wie umgekehrte Marionetten, die sich der Kontrolle eines unbekannten Spielers anbieten. Titel der Arbeit: "Wir sind Gott". Provokant? Das liegt im Auge des Betrachters...
Yvonne Friedrich, Stadtstreicher, Juli 2007
„Bildende Kunst besitzt seit alters her immer einen
direkten Bezug zu den vorherrschenden gesellschaftspolitischen
Gegebenheiten – und dies wird sich niemals
ändern.“
Diesem essentiellen Grundsatz der allgemeinen Kunstgeschichte sieht
sich die Chemnitzer Künstlergruppe
<<Querschlag>> nicht nur verpflichtet
– sondern sie will diese bis heute unerschütterliche
Verbindung am Leben erhalten! Michael Goller, Dirk Hanus, Michael
Knauth und Peter Piek schwören daher darauf, aktuelle
Zusammenhänge bzw. Problemzonen des modernen,
antiindividuellen Menschenlebens sichtbar zu machen und zu
konkretisieren. Der subjektiv-logische Schluss, dass sich die
zeitgenössische Kunst auf einem parallelen Pfad zur
gesellschaftlichen Weiterentwicklung in einem Zustand zum Himmel
schreiender Ambivalenz voranquält – wenn
überhaupt, ist gewollt. Nein – er ist erzwungen,
muss erzwungen werden! Denn diese Pfade drohen nach Auffassung der
Künstler erstmalig auseinander zu driften... und in
oberflächlich-warmer Flüssigkeit humanistischer Leere
sowie Intoleranz zu verdunsten – um in einem Schleier
geistiger Unbedarftheit stetig übermächtiger
werdenden Irrlichtern den Vortritt zu lassen. Die Chemnitzer sind
überzeugt davon, dass es immer schwieriger wird, die Menschen
mit geistig-visuellen Botschaften via künstlerischem Werk zu
erreichen.
„Immer mehr Menschen nehmen die Realität nicht mehr
über ihre vielfältigen Sinne wahr, sondern
über den einseitig-visuellen Manipulationsfilter der modernen
Massenmedien – dies führt zu geistiger
Verarmung!“, postuliert Michael Knauth. Für die
Unterstreichung dieser Symbolik suchen die vier jungen
Querschläger eine Bühne, um möglichst viele
Konsumenten ihrer Arbeiten „wieder aktiv auf die
zukunftsweisende Straße der Erkenntnis
zurückzuführen: dass Veränderungen des
Lebensumfeldes damit beginnen, sich selbst zu
verändern“!
Christian-H v Gehe, März 2005
Künstlerquartett sucht per Foto, Schrift und
Malerei nach neuen Dimensionen.
Wenn sich die vier
Männer im Alter zwischen 22 und 42 etwa aller vier Wochen
sonntags zum Brunch versammeln, ist auch diese Zeit nicht frei von
produktivem Schaffen in Sachen künstlerischer Arbeit. Denn
dann stehen Diskussionen um die Projekte, Ausstellungen und Werke jedes
einzelnen an, bei denen es keine falsche Rücksichtnahmen gibt.
Schließlich verstehen sich die gebürtigen Chemnitzer
Künstler Dirk Hanus, Michael Goller, Peter Piek und Michael
Knauth nicht umsonst als „Querschläger“.
„Wir wählen immer einmal wieder einen von uns aus,
der dann das Werk des anderen richtig verreißen muss. Doch
dies darf nur mit guter Argumentation geschehen“,
erklärte Michael Goller zu einem ihrer vielen Rituale. Denn
wichtig ist ihnen allen dabei, dass aufrichtige Kritik jedem Hilft in
seiner Arbeit voran zu kommen. Da sie ständig versuchen, aus
den konventionellen Feldern ihrer Metiers auszubrechen, bleibt das
„Anecken“ bei so manch konservativem Kunstlehrer
oder Galerist nicht aus. „Es ist keine bewusste Provokation,
sondern eher eine Konfrontation, die sich aus unserer Arbeit
ergibt“, dachte Michael Knauth laut über das
Phänomen des „sich Reibens“ nach. Der
Maler und Konzeptkünstler versucht mit Text- und
Bildvermischungen aus der Sprache des Bildes auszubrechen und
stößt damit beim freien Fotograf Hanus, Maler Goller
und Grafik- und Buchkunststudent Piek auf Verständnis. Denn
auch sie ringen in ihren Arbeiten um die Erweiterung der
Ausdrucksmittel. Hanus setzt ungewöhnliche Orte und Leute in
Szene und gibt den Bildern mit Hilfe digitaler Verfahrenstechnik eine
zweite und dritte Kommunikationsebene. Piek, der expressive Elemente
und Graffiti-Stile vermischt, sucht in seinen Bildern nach dem Moment,
an dem die Gestaltung mit so wenigen Mitteln auskommt, dass nur das
„wahrhaft Wesentliche“ abgebildet ist. Stark
beeinflusst wird er bei seinen Experimenten von Musik und Rhythmus.
Denn in allem, ob Klang, Bewegung, Spiel oder Natur spielen Rhythmen
eine große Rolle. Und Goller setzt in seinen
Gemälden Bilder in Bilder und bricht damit Details heraus,
gibt dem Ganzen neue Dimensionen und Betrachtungsperspektiven. Dieses
Suchen nach neuen Kontinenten der geistigen Welt brachte das Quartett
nach ihrer „Querschlag“-Ausstellung im Mai 2003
näher zueinander. Seither sehen sie sich als gegenseitige
Triebkräfte, die einander beeinflussen, ohne die
Eigenständigkeit zu verlieren. Insofern war es irgendwann wohl
nur folgerichtig, den Kunst-Vierer nach der ersten Begegnung zu
benennen. Nun ist „Querschlag“ seit Januar erneut
in einer Ausstellung versammelt. Bis März zeigt das Quartett
in der Kleinen Galerie Döbeln eine Auswahl seiner Werke. Wann
sie in diesem Jahr in Chemnitz zu einer gemeinsamen
Präsentation kommen werden, steht noch nicht fest.
„Der Wille dazu ist da. Aber wir haben ja seit über
fünf Jahren auch als Einzelpersonen noch mit vielen anderen
Projekten zu tun, in die wir Zeit und Mühe stecken
müssen. Aber mal sehen, vielleicht findet sich ja eine
Galerie, die uns Gelegenheit gibt“, meinte Dirk Hanus. Einen
Einblick in das Schaffen der
„Querschläger“ können Neugierige aber auch ganz ohne Galeriebesuch unter www.ppzk.de/querschlag erhalten.
Uwe B. Rechtenbach, Chemnitz im Februar 2004
Im Zeitalter einseitig-vektoriell gesteuerter
Massenkommunikation und oberflächlicher
Reizüberflutung, in der der Rezeptor als menschliches
Individuum aus dialektischer Sicht immer mehr auf der Strecke bleibt
und in einen scheinbar unabwendbaren Prozess zwischenmenschlicher
Kommunikationsverarmung hineingepresst bzw.
„-entwickelt“ wird, versucht die in Chemnitz am 8.
April 2003 gegründete Künstlergruppe Querschlag einen
eigenen, unverwechselbar künstlerischen Individualismus junger
sächsischer Künstler auf kommunikativer Ebene zu
etablieren.
Michael Goller, Dirk Hanus, Michael Knauth und Peter Piek sehen sich
aus diesem Grunde nicht nur als individuelle Verwirklicher ihrer
eigenen künstlerischen Ideen und Kreativitäten
– sondern wollen durch die in Querschlag praktisch vollzogene
Zusammenführung ihrer verschiedenen, z.T.
äußerst facettenreichen Schaffenscharaktere aktiv
einen unverwechselbaren Kommunikationsprozess begründen, der
besonders dem außenstehenden Betrachter bzw. Rezeptor mittels
der vor diesem Hintergrund entstandenen Arbeiten aktiv erlebbar gemacht
werden soll.
Michael Goller und Peter Piek, die ihren Intentionen und den in erster
Linie auf persönlichen Eindrücken basierenden
Gedankenwelten mit malerischen Mitteln Ausdruck verleihen, stehen dabei
mit Dirk Hanus und Michael Knauth zwei Künstler
gegenüber, die auf dem Gebiet der Fotografie bzw. Konzeptkunst
scheinbar ganz andere schöpferisch-induktive
Kommunikationswege nutzen.
Durch den unübersehbaren Plattformcharakter dieser
Konstellation bietet sich die Chance Provokation und Polarisation in
einem progressiven Erkenntnis- und Erfahrungsprozess zu entwickeln, der
durch seine künstlerische Aussagekräftigkeit durchaus
ein bewusst verinnerlichender Baustein der Zeitgeschichte werden kann.
Insbesondere durch die zielgerichtete Bündelung
verschiedenster zeitgenössisch-künstlerischer
Positionen und Tendenzen werden neue kreative Kräfte
freigesetzt, und eine zeitgemäße, unvorbelastete
inhaltliche Diskussion dadurch überhaupt erst
ermöglicht. Die gemeinsame Ergänzung individueller
Erfahrungsschätze bildet dabei die Basis der Konfrontation mit
der Wirklichkeit und der künstlerisch reellen
Auseinandersetzung – um potentiell progressive
Gedankenprozesse auszuformen und im zeitgenössischen Kontext
unmittelbar zu verifizieren sowie im entsprechenden Medium
schließlich künstlerisch zu formulieren.
Dabei wird von keinem der beteiligten Künstler der Bezug zur
erlebbaren Wirklichkeit aufgegeben.
Christian-H. von Gehe, Dresden im Mai 2003
Copyright © Künstlergruppe Querschlag