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Ausstellung der Galerie im Stadtmuseum Döbeln, 23.1.-7.3.2004
Ich sitz dann da, esse zwei bis zehn Marzipankartoffeln, die Heizung im Rücken,
mein Hintern wird kalt. Es weihnachtet sehr, sonst seh ich anders aus. Sie
nennen es die Realität des Bildes. Die Künstler.
Ich höre Schritte. Prozess nennen sie es, Tendenzen, künstlerisch reelle
Auseinandersetzung.
Die Künstler kommen. Ich sitz dann da, leer. Näher. Ich sitz dann da, leer,
nackt, still. Näher, bitte. Ich.
Sitz dann da.
Sie kommunizieren, adaptieren, fotografieren. Wann fängst du mich. Ich. Du musst
traurig sein. Sensibel, schlank, selbstbewusst, perfekt. Sie inspirieren. Im
Zeitalter oberflächlicher Reizüberflutung.
Ich sitz dann da, Zewa-Softies. Näher. Ich sitz dann da, Hansa-Plast. Näher,
bitte. Ritze, Wilkinson. Siehst du.
Rot stimuliert, motiviert, aktiviert, explodiert. Sie malen jetzt. Spuren. Mit
gezügelter Energie.
Sie wollen die Welt retten. Siehst du mich. Du musst traurig sein. Ich ritze.
Atemstillstand, Notarztwagen, Leichenhalle. Reingefallen. Ist nicht tödlich, tut
nur ordentlich weh und lähmt. Mein Rücken wird kalt. Ich sitz dann da,
beziehungsweise hier. Ich bin jetzt nah bei dir, beziehungsweise mir. Wir haben
uns gefunden. Das ist kein Kuss, Atemspende. Prometheus sagen sie. Das ist kein
Kuss. Lass die anderen. Du malst mich schön, beziehungsweise hässlich. Danke. Du
malst mir Bewegungsfreiheit. Ich kann jetzt aufstehen, dankeschön, und dich mehr
lieben als alle anderen. Dankeschön, dass es dich gibt, beziehungsweise mich.
Dass es mich jetzt gibt, beziehungsweise dich. Stop. Näher geht nicht.
Die Betrachter kommen. Sie haben Interesse mitgebracht. Willkommen, guten Tag,
guten Tag, sie trinken Sekt. Sie verstehen nicht. Entschuldigung, was ist das,
Entschuldigung, wie ist das gemeint, wie sollen wir das verstehen,
Entschuldigung. Du erzählst, erklärst, gibst Beispiele, Kunst, sagst du, sie
nicken. Mach, dass sie ihre Gehirne da wegnehmen. Mein Liebling, sagst du und
meinst mich. 1500 Euro.
Ich bin jetzt tot. Reingefallen. Aber ich tue tot. Sie werden mich an ihre
Bürowände hängen und nichts verstehen. Sie werden ihre flüchtigen Blicke auf
mich werfen, ich werde mich hinter deine Farben verstecken, sie werden nichts
verstehen und das Rot nicht sehen, was aus mir tropft, Wilkinson. Mir ist das
egal.
Die Betrachter gehen. Sie drängeln und drücken sich durch den Ausgang. Du sinkst
zurück auf dein Bett wie in dein Grab. Hör auf damit. Sie wollten mich nicht und
ich wollte sie nicht.
Irgendwann wird jemand kommen. Er wird eine Absicht in mir sehen und ich werde
eine Absicht sehen, in ihm. Du lachst. Er wird dann vielleicht seine Wohnung neu
gestalten und sein Leben, er wird dann vielleicht heiraten und glücklich werden,
du lachst. Oder ein neues Kunstwerk schaffen, durch mich. Du lachst.
Keine Angst, mir ist das egal.
Melanie Arns, zur Ausstellung in Döbeln, Januar 2004
Döblner
Anzeiger, Döbelner Allgemeine,
Fotos von Gerhard Dörner
Copyright © Künstlergruppe Querschlag